Als im Frühjahr 2020 die meisten Staaten mit einem Lockdown auf die aufkommende Corona-Pandemie reagierten und in der Folge viele Unternehmen in wirtschaftliche Probleme gerieten, hieß es an vielen Stellen „Das konnte niemand voraussehen!“. Gleichzeitig gibt es eine Vielzahl von Normen und gesetzlichen Anforderungen, die Unternehmen einen Rahmen dafür bieten, Risiken und Bedrohungen frühzeitig zu identifizieren und geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Eine Frage, die keine der vorhandenen Vorgaben bislang beantwortet, ist, wie ein Unternehmen alle relevanten Risiken identifizieren kann.

Eine allgemeingültige Antwort auf diese Fragestellung gibt es nicht und wird es aller Voraussicht nach auch nicht geben. Es gibt jedoch eine Reihe von Hilfsmitteln und Methoden, die helfen, Risiken zu identifizieren, und die sich in der Praxis bewährt haben.

Brainstorming

Ein klassischer und weitverbreiteter Ansatz, um Risiken zu identifizieren, ist das Brainstorming. Allein schon die einfache Frage: „Was könnte passieren…?“ wird Ihnen eine Flut von Punkten liefern, mit der Sie Ihr Risikoregister füllen können. Der Umfang der identifizierten Risiken hängt dabei jedoch sehr stark vom Erfahrungshorizont und der Perspektive der beteiligten Personen ab. Daher sollten Sie zwei Punkte beachten, wenn Sie über ein Brainstorming gute Ergebnisse erreichen möchten.
Zum einen sollte Sie darauf achten, Personen mit möglichst unterschiedlichem Hintergrund zu einem Brainstorming zusammenzuführen. Gerade wenn es darum geht, Risiken zu identifizieren, wird das Feedback der Personen stark von ihren jeweiligen Erfahrungen und Prioritäten geprägt sein. Wenn Sie hier eine große Bandbreite an Personen einbinden, wird sich das auch in einer größeren Breite an Rückmeldungen widerspiegeln.
Als zweites empfiehlt es sich, die Diskussion während des Brainstormings in verschiedene Richtungen zu lenken. Hierzu bieten sich verschieden Ansätze an, beispielsweise 4M bzw. 8M oder PESTLE.

Prozessanalyse

Eine weitere Möglichkeit, den Gedankenfluss zu steuern, während Sie Risiken identifizieren, bietet die Prozessanalyse. Dazu unterteilen Sie zunächst Ihr Vorhaben in möglichst abgeschlossene, überschaubare Einzelaktivitäten. Anschließend fragen Sie für jede Aktivität, welche Risiken eintreten können und wie diese die Zielerreichung beeinflussen.

Dieses Vorgehen eignet sich insbesondere dann, wenn Sie aufeinander aufbauende Arbeits- oder Prozessschritte ausführen müssen und bei jedem dieser Schritte klar die Zusammenhänge zwischen den aktuellen Tätigkeiten und dem Endergebnis darstellen können. Bei komplexeren Aufgabenstellungen oder mehrfachen Abhängigkeiten ist dieser stark an das Design-Werkzeug FMEA angelehnte Ansatz in der Regel weniger geeignet, da eine Bewertung von Risiken nur noch schwer möglich ist.

Historische Referenz

Ein dritter Ansatz ist die Betrachtung von Referenzfällen aus der Vergangenheit. Dabei werden vergleichbare Projekte und Vorhaben daraufhin analysiert, welche unvorhergesehenen Ereignisse eingetreten sind und welche Auswirkungen diese auf die Erreichung der Ziele hatten.
Um über diesen Weg eine aussagekräftige Liste an Risiken zu identifizieren, müssen Sie sicherstellen, dass Sie eine ausreichend hohe Anzahl an Referenzfällen heranziehen. Gleichzeitig sollten Sie immer überprüfen, ob die abgeleiteten Risiken für Ihren konkreten Fall überhaupt relevant sind.
Dieses Vorgehen zum Identifizieren von Risiken bietet sich immer dann an, wenn Sie regelmäßig vergleichbare Aufgaben bzw. Projekte durchführen – beispielsweise kundenspezifische Anpassungen an Maschinen vornehmen oder Softwaremodule für eine Anlagensteuerung programmieren. In einem solchen Umfeld können Sie Standardrisiken schnell erfassen und projektspezifische Maßnahmen ergreifen.

Wenig hilfreich ist das Verfahren hingegen, wenn Sie in einem Bereich tätig sind, in dem es wenig oder keine Referenzen gibt. Außerdem ist die Methode ungeeignet, um neuartige Bedrohungen oder selten eintretende Extremereignisse zu berücksichtigen.

Pre-Mortem Session

Um solche Extremereignisse abzubilden, eignet sich die Nutzung von Pre-Mortem Sessions. Dabei versetzt sich das Team gedanklich in die Zeit nach Abschluss des Projekts und versucht Gründe zu identifizieren, warum das Projekt gescheitert ist.

Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Vorgehen kaum vom eingangs dargestellten Brainstorming. Der Perspektivwechsel von „Was kann passieren…?“ hin zu „Was hat ein Scheitern verursacht?“ hilft jedoch dabei, eingefahrene Denkpfade zu verlassen und kreativ zu werden. So lassen sich insbesondere auch solche Risiken identifizieren, die außerhalb des bisherigen Erfahrungsbereichs liegen.

Welchen Ansatz werden Sie nutzen, um in Ihrem nächsten Projekt Risiken zu identifizieren? Kontaktieren Sie uns und wir unterstützen Sie gerne!