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Strategieentwicklung über Szenarioplanung
„Corona konnte keiner voraussehen – tatsächlich nicht?“ Die Einstiegsfrage einer Interviewserie zum Thema Risikomanagement von Businesstalk am Kudamm [1] verdeutlicht, wie unvorbereitet viele Unternehmen von der Pandemie getroffen wurden. Zwar hatte das Robert Koch-Institut bereits 2012 eine Studie [2] veröffentlicht, die eine ähnliche Virusepidemie durchspielt, das Ergebnis dieses Szenarios hat jedoch keinen Eingang in die Strategie von Unternehmen gefunden. Dabei eignet sich Szenarioplanung wie kaum ein anderes Instrument dafür, robuste Strategien für eine ungewisse Zukunft zu entwickeln.

Sinnvolle Szenarien erarbeiten

J. P. Scoblic streicht in seinem aktuellen Artikel „Von der Zukunft lernen“ [3] im Harvard Business Review heraus, dass Unternehmen den Spagat zwischen langfristiger Planung und kurzfristiger Optimierung bewerkstelligen müssen. Ersteres erfordert Weitsicht und das Einbeziehen von Möglichkeiten und Eventualitäten, letzteres den Fokus auf aktuelle Vorgänge, Daten und Trends.

Die Szenarioplanung unterstützt dabei, diesen Spagat optimal umzusetzen, indem sie den Blick auf aktuelle Entwicklungen und zukünftige Möglichkeiten verbindet. Die Entwicklung von Szenarien greift aktuelle Trends und Abhängigkeiten auf und projiziert diese unter Einbeziehung von Unsicherheiten in die Zukunft.

Robuste Strategien entwickeln

Das Ergebnis einer solchen Szenarioplanung ist ein Satz von realistischen und gleichzeitig möglichst unterschiedlichen und dramatischen Szenarien. In einem nächsten Schritt muss das Unternehmen eine Strategie entwickeln und diese an den entwickelten Szenarien testen.

Ähnlich wie bei der Erarbeitung der Szenarien integriert auch die Strategieplanung den Blick auf das aktuelle Umfeld mit dem Blick in die Zukunft. Das aktuelle Umfeld des Unternehmens liefert dabei den Ausgangspunkt in Form von vorhandenen Kompetenzen, Ressourcen und Handlungsoptionen. Die Szenarien zeigen auf, welchen Herausforderungen die Organisation in Zukunft gewachsen sein muss.

Die Strategieentwicklung erfolgt in der Regel für jeweils ein Szenario. Beim anschließenden Test wird die Strategie mit den übrigen Szenarien abgeglichen. Eine robuste Strategie zeichnet sich in diesem Kontext dadurch aus, dass sie sich in allen – oder zumindest den meisten – der entworfenen Zukunftsvisionen bewährt.

Nachhaltige Verwurzelung erreichen

Um die Kluft zwischen kurzfristiger Optimierung und langfristiger Planung nachhaltig zu überbrücken, muss ein drittes Element bei der Szenarioplanung berücksichtigt werden – die Verwurzelung im Unternehmen. Auch dieser Schritt bedient den Blick auf die aktuelle Entwicklung und die Möglichkeiten der Zukunft und hilft somit, den von J. P. Scoblic aufgezeigten Spagat zu meistern.

Die Verwurzelung geschieht in zwei Richtungen, einmal vom Szenario in Richtung des Unternehmenskontextes, einmal von den aktuellen Entwicklungen hin zu den Szenarien. Das zuerst genannte Element besteht darin, dass die Szenarien allen Personen, die für die Strategieumsetzung verantwortlich sind, im Bewusstsein gehalten werden. Damit erreicht man, dass die Treiber und die Relevanz der Strategie präsent bleiben und der Blick nach vorne geschärft wird.

Das zweite Element zur Verwurzelung der Szenarioplanung besteht darin, die Szenarien selbst in sinnvollen, regelmäßigen Abständen einer kritischen Prüfung zu unterziehen und zu aktualisieren. Annahmen, die sich als nicht realistisch herausgestellt haben, müssen durch neue ersetzt werden und der Prozess, zumindest partiell, aufs Neue durchlaufen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Szenarien auch weiterhin für das Unternehmen relevant sind und somit zu einer verbesserten Strategieplanung beitragen können.

  1. Businesstalk am Kudamm (2020): „Corona wurde vorausgesehen
  2. Robert Koch-Institut (2012): „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012
  3. J. Peter Scoblic (2020): „Learning from the future