Es war Christines Traumstelle: Projektleiterin für ein großes Digitalisierungsprojekt bei einem etablierten, wirtschaftlich starken mittelständischen Unternehmen. Sie hatte die Möglichkeit, ihre Erfahrungen voll einzubringen, die Bezahlung und Arbeitsbedingungen waren attraktiv, das Unternehmen bot Perspektiven über das Projekt hinaus und die Position selbst stellte ein großer Karriereschritt für sie dar.
Doch schon nach ein paar Wochen im neuen Job stellte sich die Ernüchterung ein. Egal mit wem Christine in der Geschäftsleitung oder dem Management sprach, alle standen hinter dem Digitalisierungsvorhaben – aber wenn das Gespräch auf notwendige Veränderungen kam, dann wurde von allen Seiten abgeblockt. „Das funktioniert so nicht“, „Das ist zu riskant“, „Warten wir erst einmal … ab“, „Ja, aber…“; das waren die üblichen Reaktionen.
Die Macht des Status Quo
Christines Erfahrung mit Resistenz gegenüber Veränderungen ist nichts Außergewöhnliches. Solange man über die zu erreichenden Ziele spricht, ist es einfach, Zustimmung zu finden. Aber sobald man anfängt die Veränderungen zu benennen, die zum Erreichen eben dieser Ziele notwendig sind, sieht man sich mit einer Welle an Zweifeln und Ablehnung konfrontiert.
Der Status Quo bezieht seine Kraft gegenüber der Veränderung dabei aus mehreren Quellen. Als erstes wäre hier die sprichwörtliche Macht der Gewohnheit zu nennen. Der Mensch gewöhnt sich schnell an Dinge und Abläufe. Einmal verankert, werden Handlungen ‚automatisiert‘ ausgeführt und erfordern damit weniger Aufmerksamkeit und Konzentration. Um eine Gewohnheit zu ändern, ist jedoch umso mehr Energie notwendig, da man sich auf die neue Handlungsweise konzentrieren muss und zusätzlich gegen den eingeübten ‚Automatismus‘ ankämpfen muss.
Eine weitere Hemmkraft gegen Veränderungen ist Angst. Beim Status Quo hat man das Gefühl, die Abläufe, Zusammenhänge und Konsequenzen zu kennen und damit auch kontrollieren zu können. In dem Moment, in dem man neue Wege geht, fällt diese vermeintliche Sicherheit weg – der Aufbruch ins Unbekannte ist mit Risiken verbunden.
Die Liste der Faktoren ließe sich beinahe endlos fortsetzen, mit ‚eigenen Erfahrungen‘, ‚persönlichem Stolz‘, und vielen anderen Punkten. Das Fazit, das damit untermauert wird, bleibt dabei dasselbe: Um Veränderungen umzusetzen, muss die Macht des Status Quo überwunden werden.
Voraussetzungen für Erfolgreiche Veränderungen
Unter diesen Voraussetzungen ist es wenig erstaunlich, dass etwa dreiviertel aller Veränderungsinitiativen in Unternehmen scheitern. Andersherum betrachtet ist immerhin jedes vierte Vorhaben erfolgreich. Die gute Nachricht dabei ist, dass sich die Erfolgsaussichten für Veränderungsprozesse signifikant erhöhen lassen, wenn einige Punkt bei der Vorbereitung um Umsetzung von Veränderungen beachtet werden. Im ersten Teil der Miniserie „Veränderungen erfolgreich umsetzen“ beleuchten wir zunächst die Vorbereitung, die für ein gelingendes Veränderungsprojekt erforderlich sind.
Bewusstsein schaffen
„Das haben wir schon immer so gemacht!“ wird gerne als einer der gefährlichsten Sätze dargestellt – und zumindest im Zusammenhang mit Veränderungen kann man diese Aussage nur unterschreiben. Damit eine Veränderungsinitiative eine Chance auf eine erfolgreiche Realisierung hat, muss das hinter dieser Aussage steckende Mindset überwunden werden.
Um das zu erreichen, muss bei allen Beteiligten das Bewusstsein geschaffen werden, dass die angestrebte Veränderung nicht nur wichtig, sondern zwingend notwendig ist, um den Erfolg oder sogar das Überleben des Unternehmens zu sichern. Nur wenn für allen klar ist, dass es ein ‚weiter so…‘ nicht geben kann, wird auch von allen akzeptiert, dass Veränderungen notwendig sind.
Führungskoalition bilden
Parallel zum ersten Schritt sollte eine schlagkräftiges Führungsteam entwickelt werden. Bei der Zusammenstellung dieses Teams sollten drei Aspekte berücksichtigt werden:
- Das Team sollte ausreichend Macht und Befugnisse haben, um die geplanten Veränderungen umsetzen zu können.
- Die Teammitglieder sollten gut in der bestehenden Organisation eingebunden sein und diese idealerweise auch repräsentieren.
- Jeder innerhalb des Teams sollte vollkommen hinter dem Vorhaben stehen.
Insbesondere der letzte Punkt ist für eine erfolgreiche Umsetzung von Veränderungen wichtig: Wer Zweifel an der Sinnhaftigkeit oder dem Erfolg einer Veränderung hat, der hat im Führungsteam nichts zu suchen!
Ein gutes Werkzeug, um passende Kandidaten für die Führungskoalition zu identifizieren, ist die Stakeholder Matrix. Hier bietet sich an, die Dimension ‚Interesse‘ zu nutzen, um aufzuzeigen, wie gut ein Beteiligter hinter der angestrebten Veränderung steht, und die Dimension ‚Macht‘ sollte tunlichst nicht auf die Hierarchieebene reduziert werden, sondern beschreiben, wie gut die Person andere Beteiligte in dem Prozess mitnehmen und zugunsten des Vorhabens beeinflussen kann.
Vision und Strategie entwickeln
Die erste Aufgabe des Führungsteams ist es, eine Vision für die Veränderungsinitiative zu erarbeiten. Die Vision beschreibt, wie das Unternehmen nach Projektabschluss aussieht – was hat sich verändert, was ist gleichgeblieben, und warum ist dieser Zustand besser als der Status Quo? Die Vision dient als Nordstern für alle Aktivitäten innerhalb des Projekts.
Wenn dieser Nordstern definiert ist, kann das Team mit der Entwicklung einer Strategie beginnen. Diese beschreibt, wie die Organisation vom aktuellen Status Quo sich zu dem in der Vision beschriebenen Unternehmen entwickeln kann. Sie übernimmt die Rolle der ‚Spielanleitung‘ für den Veränderungsprozess und legt die wesentlichen Schritte auf dem Weg zur Realisierung der Vision fest.
Vision kommunizieren
Der letzte relevante Baustein in der Vorbereitung von Veränderungen ist das Kommunizieren der Vision. In der Regel wollen Mitarbeiter ihren Beitrag zur Entwicklung eines Unternehmens beisteuern. Das können Sie jedoch nur dann effektiv tun, wenn Sie wissen, wohin sich die Organisation entwickeln soll.
Bei diesem Punkt ist ein gutes Timing essenziell. Konnte noch kein Bewusstsein dafür hergestellt werden, dass Veränderungen zwingend notwendig sind, wird es schwer, eine breite Zustimmung zu der entwickelten Vision zu erhalten. Eine Reihe von Personen innerhalb des Unternehmens wird schlichtweg ablehnen, dass der Status Quo überhaupt in Frage gestellt werden muss.
Wird jedoch über einen längeren Zeitraum die Notwendigkeit von Veränderungen herausgestrichen, ohne dass ein klares Bild davon gezeichnet wird, wohin diese Veränderungen führen sollen, generiert das Unruhe im Unternehmen und schadet dem Vertrauen ins Management. Beides erschwert die Arbeit des Führungsteams bei der Umsetzung der Veränderungsinitiative.
Hat ein Unternehmen alle vier Punkte im Vorfeld einer geplanten Veränderung berücksichtigt, steht einer erfolgreichen Umsetzung nichts mehr im Wege. Welche Aspekte und Faktoren während des Veränderungsprojekts berücksichtigt werden sollten, um am Ende die gewünschten Ziele auch wirklich zu erreichen, werden wir im zweiten Teil dieser Serie darstellen.
Wenn Sie Ihr nächstes Veränderungsprojekt erfolgreich beenden möchten und dazu Unterstützung benötigen, kontaktieren Sie uns – unverbindlich und selbstverständlich kostenfrei.