Warum Strategien nicht funktionieren – Teil 1

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Karls Position als Geschäftsführer steht unter Druck: Über die letzten zehn Jahre hat er stetig die Position seines Unternehmens am Markt gestärkt und für eine kontinuierliche Verbesserung in allen Unternehmensbereichen gesorgt. Eigentlich lief alles bestens und die Inhaber waren stets mehr als zufrieden mit seiner Leistung.

Doch seit etwa zwei Jahren entwickelten sich die Geschäftszahlen in die falsche Richtung: zunächst seitwärts und kurz darauf abwärts, wobei sich der Trend in den letzten Monaten deutlich verstärkt hatte. Die Strategie ging nicht mehr auf, und das, obwohl Karl mehrere Initiativen zum Gegensteuern gestartet und wie geplant umgesetzt hatte. Warum funktionierte eine jahrelang erprobte Strategie auf einmal nicht mehr?

Die Antwort ist einfach, und sie gilt nicht nur für Karls Unternehmen, sondern in den meisten Fällen, wenn Strategien nicht zum gewünschten Ergebnis führen: Die Strategie hat nicht funktioniert, weil sie nicht die gesamte strategische Landschaft, in der sich das Unternehmen bewegt, berücksichtigt hat. Karl hat dabei einen Fehler gemacht, der laut einer aktuellen Studie von David J. Collis häufig von etablierten Unternehmen begangen wird.

Die strategische Landschaft

Die strategische Landschaft, in der sich ein Unternehmen bewegt, wird durch fünf Elemente charakterisiert: Die Möglichkeiten, das Wertpotential, die Werterfassung, die Wertrealisierung und das Ergebnis. Eine erfolgreiche Strategie findet dabei Antworten und Handlungsweisen, die diese fünf Bereiche in einen sinnvollen Einklang bringen.

Möglichkeiten

Das Feld der Möglichkeiten beschreibt das externe Umfeld, in dem sich das Unternehmen bewegt. Dazu gehören unter anderem politische und regulatorische Rahmenbedingungen oder technische Entwicklungen, aber auch demografische Trends oder Umweltveränderungen.

Diese Möglichkeiten definieren den Rahmen, innerhalb dessen Werte generiert werden können – und auch, was einen Wert darstellt. Dieser Rahmen verändert sich über die Zeit und sorgt so dafür, dass auch die Antworten und Handlungsweisen von Unternehmen an diese veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Ein geeignetes Tool, um diese Veränderungen in die Strategieplanung einzubeziehen, ist die Szenarioplanung.

Wertpotential

Das Wertpotential beschreibt das Geschäftsmodell: Wie kann ein Unternehmen, basierend auf den aktuellen und zukünftigen Möglichkeiten, einen Mehrwert für die potenziellen Kunden generieren? Welche Zahlungsmodelle bieten sich für die Produkte und Dienstleistung an?

In diesem Bereich der strategischen Landschaft liegt das Potential, ganze Industrien zu verändern. Das ließ sich über die letzten beiden Jahrzehnte an mehreren Beispielen beobachten, beispielsweise der Verdrängung von Videotheken durch Streamingdienste oder der Übergang von pay-per-call Verträgen zu Flatrate-Angeboten in der Telefonie.

Werterfassung

Während im vorangegangenen Element der strategischen Landschaft beschrieben wird, welche Werte es für potenzielle Kunden gibt, geht es in der Werterfassung um die Frage, wie sich diese Werte für das Unternehmen erfassen lassen. Dabei müssen Themen wie die Attraktivität des Marktes, die beste Positionierung des eigenen Unternehmens oder die mögliche Reaktion von Konkurrenten bewertet und in die Strategie einbezogen werden.

Die beschriebenen Fragestellungen lassen sich mit den klassischen Strategieansätzen bearbeiten, z. B. Positionierung, Porters Fünf-Kräfte-Modell oder SWOT Analysen. Neben diesen etablierten Methoden bietet die Spieltheorie interessante Ansatzpunkte, Antworten für eine starke Strategie zu identifizieren.

Wertrealisierung

Die Wertrealisierung umfasst den Bereich, der im allgemeinen als Strategieumsetzung bezeichnet wird. Hier geht es darum, die Fähigkeiten und Ressourcen aufzubauen, die für einen langfristigen Erfolg notwendig sind und die entsprechenden Strukturen zu schaffen.

Neben dem Identifizieren der geeigneten und notwendigen Maßnahmen ist es wichtig, auch die zeitliche Komponente zu berücksichtigen, um die eigene Organisation schnell zur neuen Strategie zu führen, ohne sie dabei zu überfordern.

Ergebnis

Der fünfte Bereich der strategischen Landschaft umfasst die tatsächlichen Ergebnisse. Meist im Controlling angesiedelt, werden hier die aktuellen Entwicklungen beobachtet, mit den Zielen verglichen und ggf. Korrekturmaßnahmen eingeleitet.

Wichtig ist hier, dass die Performancemessung nicht das Ende einer Prozesskette ist, sondern lediglich ein einzelner Baustein in dem Gesamtbild, das die Strategie eines Unternehmens ausmacht.

Der Fehler etablierter Unternehmen

Eine robuste und erfolgreiche Strategie betrachtet alle fünf Elemente der strategischen Landschaft gleichermaßen. Etablierte Unternehmen, wie auch das von Karl im einleitenden Beispiel, machen dabei häufig den Fehler, sich zu sehr auf die Werterfassung zu fokussieren. Dabei neigen sie dazu, Veränderungen der Möglichkeiten und neue Wertpotentiale zu vernachlässigen.

Oftmals sind diese Unternehmen Jahre – wenn nicht sogar Jahrzehnte – mit einem Geschäftsmodell sehr erfolgreich gewesen und haben sich in diesem Geschäftsmodell häuslich eingerichtet. Umsatz und Gewinne waren stabil oder sogar steigend und es gab keinen Grund, etwas am Status quo zu ändern.

In solchen eingefahrenen Strukturen wird häufig keine Notwendigkeit zu Veränderungen gesehen: „Wir haben das schon immer so gemacht – und sind damit bislang sehr gut gefahren!“ lautet die Devise. Doch dieses Motto funktioniert nur so lange, wie sich das externe Umfeld nicht ändert oder ein Konkurrent die Kundenbedürfnisse nicht auf eine andere, effektivere Art bedient.

Wenn es zu solchen Änderungen der Rahmenbedingungen kommt, versuchen Geschäftsführer wie Karl oft, über neue bzw. bessere Antworten im Bereich Werterfassung und Wertrealisierung die schlechter werdenden Ergebnisse zu kompensieren – verständlicherweise in der Regel ohne langfristigen Erfolg.

Robuste Strategien für etablierte Unternehmen

Eine robuste Strategie, die sich erfolgreich umsetzen lässt, ist holistisch, d.h. sie bezieht die gesamte Strategische Landschaft in die Planung und Umsetzung mit ein. Für etablierte Unternehmen bedeutet das insbesondere, immer wieder die Möglichkeiten und Wertpotentiale zu analysieren und sich nicht ausschließlich auf Implementierung eines Geschäftsmodells zu fokussieren.

In einem ersten Schritt kann das über ein Hinterfragen des Status Quo geschehen:

  • Wie verändert sich aktuell das Umfeld, in dem ich agiere?
  • Ändern sich dadurch die Bedürfnisse meiner Kunden?
  • Gibt es neue Ansätze, die Kundenbedürfnisse zu befriedigen?
  • Was bedeuten diese Veränderungen für mein Geschäftsmodell?

Dieser reaktive Ansatz hilft Unternehmen zu erkennen, wann eine Anpassung des Geschäftsmodells notwendig ist. Damit lässt sich verhindern, dass Firmen an Geschäftsmodellen festhalten, die nicht mehr zukunftsfähig sind und so sprichwörtlich ein totes Pferd reiten.

Noch besser wäre es, einen proaktiven Ansatz zu wählen. Dies bedeutet, zukünftige Entwicklungen vorwegzunehmen und daraus Kundenbedürfnisse und Geschäftsmodelle abzuleiten, die es aktuell noch gar nicht gibt. Das ermöglicht es Unternehmen nicht nur, sich rechtzeitig von überholten Strategien und Geschäftsmodellen zu verabschieden, sondern auch, den Markt aktiv mitzugestalten und somit die eigene Position langfristig zu stärken.

Kontaktieren Sie uns, wenn Sie Ihr Unternehmen mit einer aktiven Strategie in die Zukunft führen möchten.