Warum Strategien nicht funktionieren – Teil 2
Vor ein paar Jahren war Tom mit seinem Startup der große Coup gelungen: durch die von ihm und seinen beiden Freunden entwickelte Onlineplattform hatte er den Markt revolutioniert! Die Strategie des Trios war aufgegangen und in nur drei Jahren hatte sich ihre Firma von einem kleinen Wohnzimmer-Startup in ein florierendes Unternehmen mit 15 Mitarbeitern, einem Umsatz im zweistelligen Millionenbereich und einem Marktanteil von über 30% entwickelt.
Trotz der scheinbar guten Zahlen wächst der Druck der Investoren beständig und Toms Position steht auf wackeligen Beinen. Zwar haben sich Umsatz und Marktanteil entsprechend den Erwartungen entwickelt, profitabel ist das Unternehmen aber bis heute noch nicht. Dabei waren die Entwicklungs- und Marketingkosten in den ersten Jahren nicht höher als geplant ausgefallen, allerdings sind die Margen deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben und die laufenden Kosten kontinuierlich gestiegen.
Toms Problem ist kein Einzelfall. Laut einer aktuellen Studie von David J. Collis von der Harvard Business School scheitert die Strategie von Unternehmen häufig, weil diese nicht die gesamte strategische Landschaft berücksichtigen – und vor allem junge Unternehmen und Start-ups scheitern regelmäßig daran, dass sie die Werterfassung und Wertrealisierung nicht ausreichend in ihrer Strategie berücksichtigen.
Die strategische Landschaft
Wie wir im ersten Teil dieser Mini-Serie dargelegt haben, besteht die strategische Landschaft aus den Möglichkeiten, die sich dem Unternehmen bieten, dem Wertpotential des Geschäftsmodells, der Werterfassung und Wertrealisierung durch das Unternehmen sowie dem Ergebnis.
Um mit einer Strategie erfolgreich zu sein, muss diese alle fünf Bereiche betrachten, eine geschlossene Antwort finden und diese konsequent umsetzen. Während, wie im letzten Artikel dargestellt, etablierte Unternehmen oftmals Änderungen der Möglichkeiten aus dem Blick verlieren, liegen die typischen Schwachstellen von Start-ups meistens in einem anderen Bereich der strategischen Landschaft.
Der Fehler von Start-ups
Die Stärke von Start-ups liegt oftmals darin, dass sie sogenannte Hot Topics aufgreifen und in ein neuartiges Businessmodell umwandeln, oder dass sie Kundenbedürfnisse auf grundlegend neue Art und Weise bedienen. Die Strategie fokussiert sich daher naturgemäß auf die ersten beiden Elemente der strategischen Landschaft, den Möglichkeiten und dem Wertpotential.
Um aus einer neuen Möglichkeit und einem attraktives Businessmodell jedoch ein langfristig erfolgreiches Unternehmen zu gestalten, müssen auch die übrigen drei Elemente von der Strategie mitberücksichtigt werden. Hier liegen oftmals die Schwachstellen junger Unternehmen und Start-ups: die Möglichkeit, Gewinne in dem neuen Markt zu erwirtschaften, wird überschätzt, die Möglichkeit der Konkurrenz, das Geschäftsmodell zu kopieren, wird ignoriert oder das Unternehmen scheitert beim Aufbau effizienter Strukturen und dem Ausbau von Kompetenzen.
Die Folge dieser Fehler ist, wie auch im Falle der Firma von Tom und seinen Freunden, dass die Unternehmen durchaus beachtliches Wachstum und große Marktanteile gewinnen können, jedoch langfristig Probleme haben, aus dem Umsatz und dem Marktanteil attraktive Gewinne zu ziehen.
Robuste Strategien für Start-ups
Um eine robuste Strategie zu entwickeln, muss diese eine holistische Antwort auf die gesamte strategische Landschaft bieten. Für Start-ups bedeutet dies insbesondere, die Werterfassung und die Wertrealisierung von vornherein mit in den Blick zu nehmen.
Ein guter Startpunkt dafür ist der folgende Satz aus vier Fragen:
- Erlaubt die Industrie, in der wir uns bewegen, eine attraktive Rendite?
- Wie werden etablierte Unternehmen auf unseren Markteintritt reagieren?
- Wie leicht können andere Unternehmen unser Geschäftsmodell kopieren?
- Was ist notwendig, um das Start-up effizient zu skalieren?
Über die erste Frage kann ermittelt werden, ob eine Geschäftsidee bzw. ein Businessmodell überhaupt umgesetzt werden sollte. Wenn eine Geschäftsidee attraktiv ist, aber das Renditepotential zu gering ist (z.B. weil der Markt zu klein, notwendige Investitionen zu hoch oder realisierbare Margen zu gering sind), dann ist langfristiger Erfolg unwahrscheinlich.
Die beiden mittleren Fragen adressieren das Verhalten der Konkurrenz. In den meisten Fällen adressiert ein innovatives Start-up einen bestehenden Markt auf eine neue Art und Weise. Das bedeutet jedoch, dass in dem Markt bereits andere Unternehmen etabliert sind, die sich ungern Umsatz und Marktanteile abnehmen lassen und die folglich auf den neuen Mitspieler reagieren werden. Je nachdem, wie hoch die Marktmacht dieser Unternehmen ist, können sie den Start in einen Markt empfindlich behindern.
Insbesondere bei digitalen Geschäftsmodellen ist es außerdem relevant zu bewerten, wie einfach sich das Businessmodell kopieren lässt. Wenn der Mehrwert einer neuen Lösung lediglich in ein paar Zeilen Code steckt, so kann man davon ausgehen, dass es sehr schnell viele Nachahmer geben wird, die sich alle am Markt behaupten wollen. In einem solchen Szenario ist es sehr unwahrscheinlich, dass es einem Unternehmen gelingen wird, langfristig hohe Marktanteile bei gleichzeitig hohen Margen zu realisieren.
Die letzte Frage betrachtet die Entwicklung des Unternehmens selbst. Die Agilität und Dynamik, die viele Start-ups auszeichnet, ist ein gutes Umfeld, um Ideen zu generieren und in den Markt zu bringen. Um im Markt zu wachsen und profitabel zu werden, sind allerding andere Fähigkeiten gefragt. Um langfristig erfolgreich zu sein, ist es daher wichtig, frühzeitig an den Aufbau notwendiger Strukturen und Kompetenzen im Unternehmen zu denken und diese vorausschauend aufzubauen.
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