Die wahrscheinlich größte Herausforderung der Energiewende besteht darin, die aus regenerativen Quellen gewonnenen Energie für den Kunden verfügbar zu machen – und zwar am Ort des Bedarfs zu dem Zeitpunkt, an dem sie benötigt wird. Die Möglichkeit, Energie zu speichern und zu transportieren, ist folglich der wesentliche Erfolgsfaktor der Energiewende.
Anders als Strom lässt sich Wasserstoff verlustarm über größere Distanzen transportieren und vor allem speichern. Das macht das Gas zu einem vielversprechenden Energieträger der Zukunft. Doch wie funktioniert der Wasserstofftransport und welche Kosten entstehen dabei?
Im ersten Teil unserer Miniserie „Wasserstofftransport: Wie kommt die Energie zum Kunden?“ betrachten wir diese Fragestellung auf der globalen Ebene und analysieren den internationalen Transport von Wasserstoff von den erwarteten Produktionsländern hin zu den voraussichtlichen Verbrauchern. Die regionale Verteilung und Versorgung einzelner Kunden werden wir im zweiten Teil detaillierter betrachten.
Gründe für einen globalen Wasserstofftransport
Die Herstellungskosten von grünem Wasserstoff, werden maßgeblich von zwei Faktoren beeinflusst: den Kosten von erneuerbarem Strom und dessen Verfügbarkeit. Analysen, zum Beispiel von Fasihi und Breyer, zeigen, dass sich insbesondere Australien, große Teile Afrikas und Südamerikas sowie einige Regionen in den USA für die Wasserstoffproduktion anbieten.
Die Nachfrage von Wasserstoff wird hingegen primär von den Industrienationen getrieben, die den Energieträger für die Produktion sowie den Transportsektor benötigen. Laut einer Studie von McKinsey sind das, neben den USA, insbesondere Europa, China, Japan und Korea und damit überwiegend Länder, die auch zukünftig vergleichsweise hohe Produktionskosten für grünen Wasserstoff haben werden.
Vor diesem Hintergrund ist der Wasserstofftransport eine logische Folge des geografischen Ungleichgewichts zwischen hohem Bedarf und günstigen Produktionsbedingungen bei grünem Wasserstoff. Doch welche technischen Möglichkeiten gibt es für den Transport des hochflüchtigen Gases?
Optionen für den Wasserstofftransport
Als technisches Gas, bieten sich für den globalen Wasserstofftransport ähnliche Lösungen an, wie sie auch für den Transport von Erdgas über längere Distanzen genutzt werden. Zu nennen wären hier an erster Stelle der Einsatz von Pipelines für den Transport über Land oder kürzere Seestrecken sowie, analog zu Flüssiggas (LNG), der Schiffstransport von verflüssigtem Wasserstoff.
Die Schwierigkeit beim Wasserstofftransport liegt jedoch in der geringen Energiedichte von Wasserstoff. Um die gleiche Energiemenge verglichen zu LNG zu transportieren, wird in etwa das vier- bis fünffache Volumen an flüssigem Wasserstoff benötigt – beim Transport im gasförmigen Zustand liegt das Verhältnis etwa bei eins zu drei.
Um das Volumen (und damit die Kosten) beim Wasserstofftransport zu reduzieren, kann Wasserstoff in flüssige Energieträger mit deutlich höherer Energiedichte umgewandelt werden. Hierzu bieten sich Ammoniak oder organische Verbindungen (LOHC = liquid organic hydrogen carrier / flüssige organische Wasserstoffträger) wie beispielsweise Methanol an, die dann per Schiff zum Zielort transportiert werden können.
Was kostet der globale Wasserstofftransport?
Für den Wasserstofftransport per Pipeline sind die Kosten für das Rohrleitungssystem sowie die Kosten für die Verdichtung des Wasserstoffs ausschlaggebend. Die absoluten Kosten liegen dabei laut einer Studie von Galimova et al. aktuell bei etwa 0,50 € je 1000 km Transportstrecke. Durch die starke Abhängigkeit der Kosten von der Strecke sind Pipelines insbesondere für kürzere Strecken attraktiv. Das gilt vor allem dann, wenn neue Pipelines gebaut werden müssen.
Für die übrigen drei Optionen setzen sich die Transportkosten aus drei Elementen zusammen: der Umwandlung des Wasserstoffs in das Transportmedium, den Transport, und die Rückumwandlung in gasförmigen Wasserstoff.
Die Verflüssigung von Wasserstoff ist sehr energieintensiv und der Transport von verflüssigtem Wasserstoff erfordert besonderes Equipment, das hohe Investitionskosten erfordert. Aus diesem Grund bietet sich diese Option hauptsächlich für den Transport von großen Mengen über kleinere Distanzen an, bei denen die Investitionen auf ein hohes Wasserstoffvolumen verteilt werden können.
LOHC benötigen ein organisches Trägermaterial und somit nachhaltigen Kohlenstoff, der nur in begrenzten Mengen verfügbar ist. Gleichzeitig bietet die hohe Energiedichte geringe Transportkosten und eine Rückumwandlung in Wasserstoff ist nicht zwingend erforderlich, da viele LOHCs direkt als Energieträger genutzt werden können. Insbesondere der erste Faktor sorgt dafür, dass der Wasserstofftransport über LOHCs primär für kleinere Volumina und über längere Distanzen attraktiv ist.
Anders als LOHC enthält Ammoniak keinen Kohlenstoff, sondern nur Stickstoff, der in industriellem Maßstab aus der Luft gewonnen werden kann. Kombiniert mit den geringen Transportkosten aufgrund seiner hohen Energiedichte ist Ammoniak das Medium der Wahl für den Wasserstofftransport bei großen Mengen und langen Distanzen.
Die Grafik aus dem Bericht von Herib Blanco fasst die Ergebnisse anschaulich zusammen: Je nach Umfang und Distanz bieten sich unterschiedliche Lösungen für den Wasserstofftransport an. Die absoluten Kosten für den internationalen Transport liegen dabei heute laut einer Studie von Roland Berger im Bereich von zwei bis fünf Euro pro Kilogramm Wasserstoff – abhängig von Distanz und Transportmedium.